Normalerweise sind wir ja nicht gerade die Malle-Urlauber und nehmen von solchen Reisezielen eher Abstand. Schaut man sich am Flughafen um, erfüllen nicht wenige Touris um uns herum auch wirklich 100%ig das Klischee des Ballermannbesuchers – FlipFlops, Achselshirt und einen Alkopop in der Hand. Und dann zieht auch noch eine Gruppe junger Mädels mit Schlagermukke aus einem Ghettoblaster an uns vorbei – gruselig. Mit einem dicken Grinsen im Gesicht steigen wir am Flughafen in ein Taxi. Wir waren nicht auf Mallorca gelandet um in der Schinkenstraße zu feiern oder gar Conchita Wurst als DJ zu bejubeln – wir starten hier, in Palma, unseren ersten Segeltörn, entfliehen dem Massentourismus und entdecken die Insel und ihre vielen Buchten vom Wasser aus. Als wir vor ein paar Wochen in einen Katamaran von DYC investiert haben, waren wir uns sicher, dass uns das Segeln gefallen wird, die Vorfreude ist riesig. Die Zeit am Wasser war auch während unserer Reise immer wieder besonders und hat uns vor allem in der Südsee wahnsinnig fasziniert. Doch bis auf ein paar Mal an einer Winsch gekurbelt und das Steuerrad für kurze Zeit festgehalten, hielt sich unsere Segelerfahrung bislang in Grenzen. Wir sind wohl doch eher den untypischeren Weg gegangen – erst ein Boot kaufen und dann wird das Segeln gelernt! Warum auch nicht!? ?
Bei der Suche nach einem Skipper für unseren ersten Törn waren wir uns schnell einig – wir wollten Jochen und Biggi fragen. Die Beiden hatten wir während unserer Weltreise in Australien kennengelernt, kurz nachdem Sie für 5 Jahre die Welt umsegelt und die schönsten Orte mit ihrem Flying Dog, einer 42 Fuß Bavaria Segelyacht, erkundet hatten – mehr auf www.flying-dog.org. An der Ostküste verkauften sie ihr Schiff und tourten anschließend noch für 3 Monate mit einem Reisemobil quer durch das Land, bevor sie wieder zurück nach Deutschland kamen. Genau auf dieser Reise durch Australien trafen wir die beiden – an einem schönen Abend auf einem Campingplatz im Kakadu Nationalpark am Lagerfeuer. Von Anfang an hatten wir viel auszutauschen und quatschten die ganze Nacht über das Reisen, Segeln und die Erlebnisse der vergangenen Monate und Jahre. Wir konnten uns daher beide keine bessere Begleitung für unseren ersten Törn vorstellen als die Zwei. Welcher Skipper hat schon mehr Erfahrung, als zwei die 5 Jahre die Welt umsegelt hatten!? … Noch dazu waren am Lagerfeuer noch lange nicht alle Geschichten ausgetauscht worden und wir weiterhin neugierig! Wir freuten uns riesig als nur kurz nach dem Versand unserer Mail und Anfrage für einen gemeinsamen Törn schon die Zusage in unser Postfach flatterte – obwohl sie nicht einmal genau wussten, wohin im Mittelmeer wir reisen werden, waren Jochen und Biggi sofort bereit uns zu begleiten. In Australien hatten wir nicht wirklich gedacht das wir uns wiedersehen und jetzt standen wir wirklich gemeinsam am Hafen Calanova in Palma. Die erste Nacht verbrachten wir im Hafen und planten die grobe Richtung für die nächsten Tage. Nachdem der Wind am Sonntag aus nordöstlicher Richtung kommen sollte, entschieden wir uns den Norden von Mallorca in Angriff zu nehmen. Das Abenteuer begann und wir fuhren in den nächsten Tagen von Palma über Santa Posa und Cala Tuent nach Cala Castell. Nachdem der Wind deutlich abgeschwächt hatte – entschieden wir uns, nicht die ganze Insel zu umrunden, sondern über Sóller und Sant Elm zurück nach Palma zu segeln, bzw. die ein oder andere Strecke zu motoren. Bis auf einen kurzen Landgang nach Sóller und einen kurzen Ausflug mit dem Dingi zum Strand, verbrachten wir die kompletten sieben Tage gemeinsam am Boot und genossen die Zeit auf dem Wasser.
Jochen und Biggi standen uns zu jeder Zeit mit Rat und Tat zur Seite und brachten uns sehr engagiert die Welt des Segelns und die Ausrüstung an Board näher, vor allem das, was man wirklich braucht und nicht das was einem dieser teilweise komische SBF See vermittelt ?. Besonderen Respekt hatten wir auf jeden Fall vor dem Ankern. Wir werden versuchen auch zukünftig genauso wie Jochen mit kritischem Blick und ohne jegliche Hektik die Lage in der Bucht zu analysieren. Wo ankern die anderen Boote? Von welcher Richtung kommt der Wind? Haben wir genug Kette um an dieser Stelle zu ankern? Wie weit wird unser Boot in der Nacht um den Anker schwojen? etc… – erst dann suchen wir uns das richtige Fleckchen und im richtigen Moment, genau über einem Stückchen Sand rufen wir „fallen Anker“. Natürlich muss die Kette dann auch erst noch eingependelt und der Anker durch Fahrt nach Achtern eingegraben werden. Erst dann können wir uns sicher sein, dass der Anker hält und auch bei dem ein oder anderen Kettenächtzen in der Nacht die Augen wieder beruhigt schließen. Gut, vielleicht haben wir das ein oder andere Mal doch während der Nacht noch kurz aus dem Fenster geschaut um auch 100%ig sicher zu sein, dass wir noch am gleichen Fleck sind ?.
Die definitiv größte Herausforderung war allerdings die Rückfahrt und das Einparken in den Hafen. Bei unserer Rückkehr war der Hafen voll, nur ein Platz spitzte ganz hinten zwischen den Booten hervor – „da sollen wir rein??“ Franz hatte das Steuerrad in der Hand und schaute sich um – „das wird eine enge Nummer“! Immerhin hatten wir zwischen Betonmauer und einer Bali 4.0 jeweils 20cm Platz ?, und so wirklich manövriererfahren waren wir ja auch nicht. Aber jeder Nachteil ist auch ein Vorteil, wie Jochen immer zu sagen pflegt, und so überlässt er Franz ohne mit der Wimper zu zucken das Steuer. Gelassen sieht er zu wie Franz versucht in die Parkbucht zu manövrieren ? – „das wird zu eng…“, also wieder raus und noch ein Versuch. So langsam gibt es auch schon den ein oder anderen Zuschauer am Hafen, und nach dem 5. Anlauf hatten wir die Lagoon 39 dann endlich unbeschadet in die Box gebracht!
Eine wunderschöne Segelwoche ging zu Ende ?. Die Zeit verging wirklich wie im Flug. Wir möchten uns an dieser Stelle auch noch einmal bei Jochen und Biggi bedanken. Wir sind wirklich froh, dass ihr mitgekommen seid und hoffen, dass es nicht unser letzter gemeinsamer Törn war. Wir können nämlich noch sooo viel von euch lernen. Danke für alles! ? Franz & Nadine
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